Eine schwache Blase äußerst sich in der Regel in zwei Formen: entweder als häufiger, oft kaum kontrollierbarer Harndrang oder aber als unfreiwilliger Harnverlust bei Belastung – etwa beim Lachen oder Niesen. Obwohl die Lebensqualität massiv leidet, wenn sich die Blase nicht mehr ausreichend kontrollieren lässt (häufig werden Slipeinlagen zum ständigen Begleiter), dauert es aufgrund von Scham oft sehr lange, bis sich Betroffene Hilfe suchen. Die Folge: Die Blasenschwäche nimmt immer weiter zu und sanfte Möglichkeiten, die gerade zu Beginn eine gute Unterstützung sein können, kommen nicht oder zu spät zum Einsatz.
Ein vorwiegend weibliches Problem?
Auch wenn sehr viele Männer ab 50 ebenfalls über eine Reizblase klagen – meist betrifft das vor allem nächtlichen Harndrang und liegt an der gutartigen Vergrößerung der Prostata –, sind Frauen dennoch häufiger betroffen. Die Ursache findet sich meist im Bereich des weiblichen Beckenbodens und der Blasenmuskulatur wieder, da diese Körperregionen durch Schwangerschaft und Geburt besonders belastet werden.
Irgendwann kann der Beckenboden seine wichtige Stützfunktion nicht mehr vollständig erfüllen. Durch den Druck der inneren Organe auf die Blase lässt sich der Harn dann nicht mehr wie gewohnt halten und manchmal macht sich der Harnfluss sogar ohne Vorwarnung selbstständig. Speziell bei körperlicher Anstrengung, wie beim Heben und Treppensteigen, oft aber auch ganz einfach beim Lachen, Husten oder Niesen kann das vorkommen. Für die Betroffenen ist das natürlich unangenehm und lästig, die Lebensqualität leidet.
Auch der Östrogenmangel nach oder in den Wechseljahren wirkt sich auf die Blase aus und kann ebenfalls den Beckenboden schwächen oder etwa zu einer Reizblase führen. Konkret bedeutet das, dass die Blasenwand sensibler wird und schon bei kleineren Urinmengen ein Signal an das Gehirn weitergibt: „Bitte entleeren“. Häufiger Harndrang ist die Folge.
Überblick möglicher Auslöser für eine Blasenschwäche:
Schwangerschaft und Entbindung – können die Blasenfunktion wesentlich beeinflussen. Während dieser Phase wird die Beckenbodenmuskulatur einer besonderen Belastung ausgesetzt, weshalb es empfehlenswert ist, bereits in der Schwangerschaft Beckenbodenübungen zu machen. Während der Entbindung ist es sogar möglich, dass durch die Presswehen die Muskulatur, das Bindegewebe oder die Nerven beschädigt werden. Das Risiko, eine Blasenschwäche zu entwickeln, nimmt mit steigender Anzahl an Geburten wie auch bei Mehrlingsschwangerschaften zu.
Übergewicht – durch Übergewicht kommt es zum einen durch eine vermehrte Fettablagerung im Bindegewebe zu einer Bindegewebsschwäche, wodurch die Stützfunktion abnimmt. Zum anderen erhöht sich aufgrund des Körpergewichts der Druck auf Bauchraum und Blase, was die Entstehung einer Blasenschwäche begünstigen kann.
Wiederkehrende Blasenentzündungen – begünstigen vor allem die Entstehung einer Reizblase, dadurch kommt es zu häufigem Harndrang.
Wechseljahre – durch die verminderte Hormonproduktion (Östrogenabfall) in den Wechseljahren wird die Beckenbodenmuskulatur zunehmend weniger belastungsfähig. Auch eine sensible Blasenwand und somit eine Reizblase kann entstehen.
Beckenbodentraining als Tipp für den Alltag
Es gibt einige Möglichkeiten, mit denen Sie im Alltag gegen die Blasenschwäche aktiv werden können, bevor das Problem zu groß wird. Dazu zählt etwa die Stärkung des Beckenbodens durch gezieltes Beckenbodentraining, mit dem Sie nicht nur die entsprechende Muskelgruppe, sondern indirekt auch die Blase stärken können. Das ist bei Blasenschwäche besonders wichtig und der Vorteil dabei ist auch, dass weder ein Fitnessstudio noch eine teure Ausstattung benötigt werden.
Auch sanfte Sportarten wie Walken, Schwimmen, Radfahren oder Reiten trainieren die Muskulatur und das Bindegewebe – auch im Beckenboden. So kann eigenständig und ganz gezielt etwas gegen eine schwache Blase unternommen werden. Wenn Sie schwere Gegenstände heben, achten Sie auf eine korrekter Köperhaltung: Stellen Sie die Beine beckenbreit auseinander und heben Sie aus der Hocke sowie mit der Kraft Ihrer Beine. Das entlastet nicht nur die Wirbelsäule, sondern schont auch Ihren Beckenboden.
Viel trinken trotz Reizblase?
Auch wenn es paradox klingen mag, ein weiterer wichtiger Tipp ist, tagsüber viel zu trinken. Denn: Wird die Blase nicht ausreichend gefüllt, nimmt ihr Fassungsvermögen nur noch weiter ab. Außerdem wird der Urin dadurch konzentrierter, was auch anhand der Farbe zu erkennen ist. Dies kann wiederum die Blasenschleimhaut reizen und so erneut zu vermehrtem Harndrang oder sogar zu einer Blasenentzündung führen.
Auf harntreibende Getränke wie Kaffee, Alkohol oder generell zu viel Flüssigkeit am Abend sollte jedoch verzichtet werden, da vor allem nachts eine empfindliche Blase für Betroffene besonders mühsam ist.
Kürbis gegen Blasenschwäche
Möchte man die Blase auch mit einem Präparat unterstützen, wird häufig zu sogenannten Anticholinergika gegriffen. Diese wirken zwar schnell, sind jedoch oft mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden.
Wissenschaftler haben jedoch mittlerweile herausgefunden, dass es alternativ dazu eine rein pflanzliche Möglichkeit gibt: Dabei kommen die wertvollsten Inhaltsstoffe des Kürbis zum Einsatz. Seine Wirkung wurde erstmals im 16. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Harnwegen beschrieben. Heute weiß man, dass die wirksamen Inhaltsstoffe in seinen Samen, also den Kürbiskernen, zu finden sind, welche durch ihre positiven Effekte überzeugen.
Mittlerweile ist deren positive Wirkung auf die Blase wissenschaftlich untersucht und hat zu Recht einen festen Platz im Einsatz gegen Blasenschwäche eingenommen. Bemerkenswert ist hierbei, dass diese Wirkstoffe nicht wie oft vermutet im beliebten Kürbiskernöl, sondern ausschließlich in der Schale der Kürbiskerne enthalten sind.
Besonders wirksam sind deshalb Tabletten aus der Apotheke, welche den hochkonzentrierten Extrakt dieser Kerne enthalten.
Frau Prof. Dr. Döll, trifft Blasenschwäche wirklich nur uns Frauen?
Prof. Dr. Döll: Blasenschwäche ist ein Problem, das in der Tat auch Männer jenseits des 50. Lebensjahres trifft. Das ist dann jedoch meist der vergrößerten Prostata geschuldet. Bei uns Frauen ist es eher die sensible Blasenwand, die uns plagt und uns dann auch häufiger auf die Toilette gehen lässt. Das hat damit zu tun, dass die Meldung an das Gehirn durch diese sensible Blasenwand häufiger eine Rolle spielt. Außerdem ist bei uns Frauen das Bindegewebe schwächer verwoben. Da wir auch die Kinder auf die Welt bringen, muss das Bindegewebe nachgeben. Das kann häufig zu Problemen führen, wie beispielsweise zum unfreiwilligen Harnverlustes beim Niesen oder beim Lachen. Davon sind wir Frauen definitiv häufiger betroffen als Männer.
Ärzte verschreiben heute fast ausschließlich synthetische Arzneimittel – die sogenannten Anticholinergika. Die aber eine ganze Menge an Nebenwirkungen haben…
Prof. Dr. Döll: Es gibt tolle Alternativen aus dem Pflanzenreich, die sich auch sehr gut anwenden lassen. Diese pflanzlichen Produkte haben einen vielversprechenden Wirkeffekt bei Blasenschwäche.
Wenn Sie von pflanzlichen Produkten sprechen, was meinen Sie denn damit genau?
Prof. Dr. Döll: Hier spreche ich die Kürbiskerne an, genauer gesagt geht es um den steirischen Arzneikürbis. In seinen Kernen stecken interessante bioaktive Pflanzeninhaltsstoffe, die eine positive Wirkung auf die Blase haben. Dabei handelt es sich um eine sehr gute Möglichkeit bei Blasenschwäche schon im Anfangsstadium gegenzusteuern.
Das klingt schon fast zu schön um wahr zu sein, wenn wir für die Blasengesundheit nur Kürbiskerne knabbern müssten…
Prof. Dr. Döll: Ja, also das wäre schon eine ganze Menge – in etwa 50 Kerne, die man täglich knabbern müsste. Und zweitens kann man gar nicht genau sagen welche Inhaltsstoffe in diesen Kürbiskernen enthalten sind. Möglicherweise sind dort auch zu wenig von diesen blasenstärkenden sekundären Pflanzeninhaltsstoffen enthalten. Da ist es dann schon empfehlenswerter auf einen standardisierten Spezialextrakt aus dem steirischen Arzneikürbiskernen auszuweichen.
Mittlerweile findet man das steirische Kürbiskernöl auch in vielen deutschen Supermärkten. Ist das dann auch gut bei Blasenschwäche?
Prof. Dr. Döll: Also das steirische Kürbiskernöl schmeckt zwar hervorragend und hat auch interessante Inhaltsstoffe, doch diese blasenstärkenden sekundären Pflanzeninhaltsstoffe, die man bei einer Blasenschwäche braucht, sind in diesem Öl natürlich kaum vorhanden. Deswegen ist das Öl leider keine Alternative zu einem standardisierten Extrakt in Tablettenform. Die Beratung in der Apotheke ist in diesem Zusammenhang in jedem Fall sehr wichtig. Man hat ein standardisiertes Produkt mit einer immer gleich hohen Qualität, eben bekannten Inhaltsstoffen und meistens reicht es dann auch nur mit zwei Tabletten am Tag zurechtzukommen.
Ganz abgesehen von den Kürbiskernen. Haben Sie sonst noch ein paar Tipps für uns was man bei Blasenschwäche unterstützend machen kann?
Prof. Dr. Döll: Ja, also in diesem Fall ist es sinnvoll und empfehlenswert ein Beckenbodentraining durchzuführen. Dazu braucht man keine besondere Ausstattung, man muss nicht ins Fitnessstudio gehen und es lässt sich zudem ganz leicht in den Alltag integrieren. Außerdem ist es sehr wirkungsvoll. Und auch wenn es zunächst paradox klingen mag, sollte man stets auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten und viel trinken. Das kommt daher, weil sich bei kleinen Flüssigkeitsmengen der Reiz auf die Blasenwand verstärkt und die Meldung ans Gehirn dadurch noch öfter vonstattengeht. Trinkt man zu wenig, dann konzentriert sich im Übrigen der Urin in der Blase, was eine Blasenentzündung begünstigen kann und somit hätten wir dann noch ein weiteres Problem. Deswegen ist das Trinken sehr wichtig.
Frau Professor Döll, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Prof. Dr. Döll: Sehr gerne.
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